Gefährdungsbeurteilungen gehören im Handwerk zu den Dingen, die noch nicht so effektiv eingesetzt werden, wie dies eigentlich der Fall sein sollte. Sie ist elementarer Bestandteil des betrieblichen Arbeitsschutzes und sieht vor, Unfall- und Gesundheitsrisiken an den Arbeitsplätzen der Mitarbeiter zu identifizieren, bewerten und passende Schutzmaßnahmen zu treffen. Das alles ist in der Gefährdungsbeurteilung dokumentiert – oder sollte es zumindest sein.
Denn viele Handwerksunternehmen nehmen die Gefährdungsbeurteilung nicht ganz ernst oder erstellen erst gar keine. Diese Pflicht des Arbeitgebers ist jedoch im Arbeitsschutzgesetz verankert, genauer gesagt im § 5. Darin ist festgehalten, was als Belastung anzusehen ist. Welche Maßnahmen dann schlussendlich getroffen werden müssen, ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung.
Maßnahmen und ihre Wirkung
Maßnahmen können sowohl vorbeugend sein als auch darauf ausgelegt, schon bestehende Beschwerden zu lindern. Dazu muss der Betrieb wissen, welche Arbeiten bestimmten Mitarbeitern körperlich schwer fallen oder zu viel abverlangen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) setzt sich mit Gefährdungsbeurteilungen und passenden Maßnahmen auseinander. Durch jahrelange Fehlbelastungen sind auch bei Handwerkern oft schon Schmerzen im unteren Rücken, Armen, Beinen oder Knien vorhanden. Je nach Branche oder konkretem Beruf gibt es bekannte Risiken, gegen die der Betrieb dann oft doch keine Schutzmaßnahmen trifft.
Die Maßnahmen müssen
- Alle Umstände berücksichtigen
- Auf Wirksamkeit geprüft werden (was unter Realbedingungen teils schwierig ist)
- Falls erforderlich angepasst werden
Das Forschungsprojekt BauPrevent hat zum Ziel, die bei unterschiedlichen Arbeiten auftretenden Belastungen mittels eines Sensorsystems zu messen und durch ein sogenanntes intelligentes Recommendersystem Vorschläge zu machen, wie man kritischen Belastungen vorbeugen kann oder hilfreiche Übungen macht, um Muskeln zu entspannen oder aufzubauen.
Was passiert, wenn was passiert ist?
Jeder Einzelfall wird von der Berufsgenossenschaft geprüft. Auf Sie bzw. den Betrieb kommt dann eine Strafe/Bußgeld zu, außerdem eventuell eine Schadensersatzforderung seitens der Berufsgenossenschaft. Das kann sehr schnell sehr teuer werden – eine Investition (Zeit!) in gesunde und zufriedene Mitarbeiter lohnt sich da weitaus mehr!
In der Bauwirtschaft z. B. sind Unfälle meldepflichtig, die zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 3 Tagen geführt haben oder sogar zum Tod. Dabei sind Samstage/Sonn- und Feiertage grundsätzlich mitzuzählen, die genau Meldepflicht können Sie hier nachlesen.
Was Sie als Betrieb tun können
Ganz einfach: Lernen Sie den 528-seitigen Ratgeber zur Gefährdungsbeurteilung der BAuA auswendig.
Gut, nun im Ernst. Das Thema Gefährdungsbeurteilung kann riesig wirken, aber auch Betriebe, die sich damit noch nicht haarklein auseinandergesetzt haben, können eine solche Beurteilung machen.
Gefahren, Risikopotenziale, Maßnahmen, Schutzausrüstung, Besonderheiten bei bestimmten Arbeitsschritten und vieles mehr sind schon aufgrund der meist großen Erfahrung im Betrieb bekannt. Der erste Schritt ist, eine Auflistung zu erstellen, damit die aktuelle Situation dokumentiert ist. Gehen Sie systematisch vor und dokumentieren Sie dies. Ob Sie das handschriftlich, per Excel-Tabelle, mithilfe einer Software oder der BAuA-Gefährdungsbeurteilung Handlungshilfe tun, bliebt dabei Ihnen überlassen (heißt: trotz Vorschriften etc. gibt es kein eindeutig richtiges Vorgehen aus rechtlicher Sicht). Die Gefährdungsbeurteilung muss allerdings den gesamten Betrieb umfassen, d. h.
- Alle Risiken (auch Langzeitrisiken!)
- Alle Arbeitsplätze
- Alle Mitarbeiter (egal wie viele!)
- Alle Tätigkeiten.
Fazit
Gefährdungsbeurteilungen sind für den Betrieb einmalig und für Baustellen regelmäßig zu erstellen, ernst zu nehmen und kosten dadurch eine gewisse Zeit. Das heißt aber nicht, dass man das Thema zu sehr verkomplizieren sollte. Sie als Arbeitgeber sind schlichtweg dazu verpflichtet, und ihre Mitarbeiter werden es Ihnen danken. Auf der Gegenseite ist es möglich, dass durch eine fehlende Gefährdungsbeurteilung und einen Unfall ein großer wirtschaftlicher Schaden auf Sie zukommt. Daher sollten Sie das Thema (wenn nicht schon geschehen) schnell angehen!