Simon Sinek hat sich über die letzten Jahre einen guten Ruf in den Bereichen Unternehmensorganisation und Unternehmensführung erarbeitet. Im Heutigen Artikel möchten wir auf seine fünf besten Führungspraktiken eingehen und unsere Gedanken dazu mit euch teilen.

1.      Der triftige Grund

Eine ideelle Vision eines zukünftigen Unternehmens kann Mitarbeiter motivieren und ihre Identifikation mit dem Unternehmen sofort hoch ansetzen oder stärken. Sie sind dann bereit, einen großen Beitrag zu leisten, um das gemeinsame Ziel zu erreichen. Es geht auch nicht darum, dieses Ideal zu erreichen, sondern täglich danach zu streben und den Betrieb so zu verbessern. Wichtig: Dieser triftige Grund hat nichts mit ihren Services oder Produkten zu tun!

Niemand ist von sich aus dazu inspiriert oder motiviert, häufige Geschäftsreisen zu unternehmen oder Überstunden zu machen und dafür Zeit mit der Familie zu opfern, damit Sie „das bestmögliche Produkt zum bestmöglichen Preis“ anbieten können. Mitarbeiter tun das aber – und zwar nicht, weil sie es mögen, sondern weil es sich richtig und wertvoll anfühlt, das zu tun. Und diese Überzeugung der Mitarbeiter benötigt einen triftigen Grund. Dieser sollte vor allem authentisch und erfassbar, aber nicht zu leicht erreichbar sein.

Dazu sei noch kurz angemerkt, dass man diese beiden Dinge (Qualität und Preis) zumindest nicht zeitgleich optimiert. Entweder man kennt seine geforderte oder gewünschte Produktqualität und optimiert den Preis oder man kennt den Preis und optimiert die Qualität, die man dafür erbringen kann. Wenn Sie zwei Variablen haben, können Sie die Frage „Was heißt das nun für uns?“ nicht mehr beantworten. Solche oberflächlichen Floskeln, die Sinek auch absichtlich überspitzt, sollten nicht als triftiger Grund genannt werden.

2.      Vertrauen in Teams

Die Grundlage für diese Praktik liegt darin begründet, dass Menschen soziale Interaktion benötigen und auch bewerten können. Sinek nennt Menschen „social animals“ in dem Sinn, dass man meist spürt, wenn der Gegenüber authentisch ist oder etwas forcieren möchte. Spaß haben und vermitteln, sich auf jemanden einlassen sind Fähigkeiten, die man als Führungskraft haben muss. „Wie hole ich das meiste aus meinen Mitarbeitern raus?“ ist eine falsche, fehlerbehaftete Frage. Mitarbeiter sind keine Handtücher, die man auswringen kann.

Die richtige Frage lautet: „Wie schaffe ich eine Umgebung, in der Menschen (Mitarbeiter) auf ihrem höchsten natürlichen Level arbeiten können?“. So erreichen Sie auch Vertrauen innerhalb von Teams und im Umgang mit dem Chef. Wenn Sie das nicht erreichen können, werden ihre Teams lügen, verheimlichen und vorspielen, was zum „Erfolg“ führt. Ein gemeinsames Vertrauen aufgebaut zu haben, bedeutet, dass Menschen sich sicher fühlen, sich auch verwundbar zeigen können und offen zugeben, wenn sie Fehler gemacht haben oder nicht mehr weiterwissen. Ohne Angst vor Demütigung und Strafe.

Über die Zeit wird sich das vertrauensbasierte Verhalten positiv auf den Betrieb auswirken und das vorgespielte Verhalten Probleme verursachen, die den Betrieb in große Schwierigkeiten bringen. Aber auch außerhalb des Betriebs wirkt sich Vertrauen oder der Mangel an Vertrauen aus – nämlich beim Kunden.

Diese „Trusting Teams“ wie Sinek sie nennt, werden nicht auf typische Art und Weise zielorientiert gebildet. Er vergleicht es mehr mit einer Übung, wie der Gang ins Fitnessstudio und dem langen Weg zur Fitness. Sprich: Das kann man nicht einfach aufbauen über Nacht, sogar nicht einmal mit langer Arbeit am Stück. Täglich einen Teil des Weges zu gehen führt bei der Teambildung zum Erfolg. Kurz und prägnant: „Führung ist ein Prozess und ein Lebensstil.“

3.      Ein würdiger Rivale

Ein Betrieb definiert sich zwar in erster Linie selbst, aber darüber hinaus auch stark durch seine Wettbewerber. So kann es sein, dass diese in der gleichen Sparte agieren, aber ganz andere Stärken und Schwächen haben. Und dadurch kann im Betrieb eine Unsicherheit entstehen, die den Wettbewerb und den Betrieb in eine schlechte Richtung lenkt. Ein würdiger Rivale zeigt Ihnen und Ihrem Betrieb Schwächen auf, an denen Sie dann arbeiten können. Dadurch entstehen Gelegenheiten, sich im Wettbewerb zu verbessern – oder sogar eine für beide Betriebe sinnvolle Partnerschaft einzugehen, wenn sie sich innerhalb des Wettbewerbs auch ergänzen können.

Das Wichtige dabei ist: Sie können Ihren würdigen Rivalen wählen, und mehrere davon haben. Sie entdecken dadurch Potenziale, die Sie im Betrieb nutzen können. Es ist auch nicht das Ziel, gegen diesen Rivalen zu „gewinnen“, sondern selbst besser zu werden. Hat derjenige mit dem größeren Kundenstamm gewonnen? Derjenige mit mehr Aufträgen, dem größeren Auftragsvolumen, mehr Mitarbeitern, dem größeren Büro etc.? Und…wann hätte er gewonnen? Diese Überlegung ist die Grundlage der vorliegenden Praktiken. Man soll sie nicht nutzen, um „der Beste“ zu werden, sondern um in einem gedachten „unendlichen Spiel“ stetig besser zu werden.

4.      Existenzielle Flexibilität

Dieser Begriff lässt sich am besten mit einem Beispiel erklären. Als Steve Jobs im Jahr 1981 zusammen mit seinem Stab die Firma Xerox in deren Forschungslabor in Palo Alto besuchte und diese ihm das damals neu entwickelte Grafische Benutzerinterface zeigten, zeigte er Existenzielle Flexibilität. Diese Erfindung machte es möglich, einen Computer mit einer Maus zu verbinden und per Cursor zu steuern – so, wie es heute jeder tut. Das bedeutete, zur Interaktion mit dem Computer musste man keine Programmiersprache mehr erlernen.

Und obwohl Apple zu diesem Zeitpunkt schon sehr viel Geld in andere Strategien und Richtungen investiert hatte und seine Berater ihm abrieten, investierte Jobs in diese Erfindung. Sinngemäß sagte er, dass, wenn sie selbst ihr Unternehmen nicht transformieren, es jemand anders tun werde. Und nach dem mäßigen Erfolg des Apple Lisa gelangt dank dieser Investition der Durchbruch mit dem Macintosh, der sich auf die ganze Welt und das Leben der Menschen auswirkte.

Existenzielle Flexibilität ist die Fähigkeit, bedeutsame strategische Änderungen zu unternehmen, um den vom Betrieb definierten triftigen Grund weiter voranzubringen. Denn gelingt dies nicht, führt es letztlich zum Untergang des Unternehmens. Um überhaupt über diese existenzielle Flexibilität zu verfügen zu können, brauchen Sie den triftigen Grund, der das Unternehmen definiert und sich vertrauende Teams. Möglicherweise kommt der Moment nie, in dem Sie diese Flexibilität zeigen müssen – aber wenn er kommt, müssen Sie bereit sein, damit der Betrieb mit Ihnen und seinen Mitarbeitern überleben und weiter erfolgreich sein kann.

5.      Der Mut zu Führen

Sinek sagt, dass es fast peinlich sei, diesen Punkt auf die Liste aufzunehmen, aber er muss genannt werden. Aber alle genannten Praktiken sind schwierig. Manchmal ist der Verkauf eines Produkts oder einer Dienstleistung so überwältigend, dass eine kurzfristige Entscheidung gefällt wird, die auf lange Zeit nicht positiv ist. Es ist schwierig, das Leben und den Betrieb so zu führen, dass man Teams zusammenschweißt und ihnen vertraut und nicht Entscheidungen aufgrund nackter Zahlen trifft, die kurzfristigen Erfolg bringen. Ein Unternehmen zu führen braucht Mut und auch Disziplin und Konstanz über eine lange Zeit. Es braucht auch viel Arbeit, denn Sie müssen sowohl an sich selbst, am Unternehmen, seinem triftigen Grund und seinen Mitarbeitern arbeiten. Die Frage stellt sich, wie es ist, so zu leben und ein Unternehmen so zu führen. Auch wenn man die Regeln des „unendlichen Spiels“ nicht kennt, kann man bestimmen, wie man es spielt. So zu leben bedeutet für Sinek „jeden Tag aufzuwachen und uns zu fragen, wie wir einen positiven Einfluss auf die Leute um uns haben können“.

Fazit

Auch und besonders im Handwerk ist es schwierig, konstant Entscheidungen für das Unternehmen zu fällen, die auch Nachhaltigkeit und den Langzeiterfolg ausgelegt sind. Es passiert viel zu oft, dass Zeitdruck spontane Entscheidungen erfordert, die meist dann auch auf kurzfristige Ziele ausgelegt sind und das Unternehmen nicht in die richtige Richtung entwickeln. Die Anforderungen an Unternehmer im Handwerk sind daher besonders hoch – aber es ist auch besonders wichtig, diese zu adressieren.