Auch im Handwerk ist es oft so, dass Betriebe einen Facebook-Auftritt, ein Google My Business-Konto oder ein YouTube-Kanal benutzen, um online auf sich aufmerksam zu machen und mit potenziellen Kunden zu kommunizieren. Die Inhalte und deren Nutzung auf diesen Plattformen unterliegen aber nicht nur dem Nutzerverhalten, sondern auch einem jeweiligen Algorithmus (oder mehreren), der Inhalte bewertet. Das soll Nutzern helfen, beispielsweise relevantere Suchergebnisse zu erhalten und zeigt daher Inhalte, die als weniger hilfreich bewertet sind, erst weiter hinten in der Suche an. Die Bewertungen von Inhalten aufgrund eines Algorithmus ist allerdings unabhängig davon ein „großes Mysterium“, das wir heute einmal etwas besser beleuchten wollen.

Für die meisten Menschen außerhalb der IT muss der Begriff kurz erklärt werden: Wikipedia beschreibt einen Algorithmus als „eine eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems oder einer Klasse von Problemen“[1]. Sie bestehen aus einzelnen Schritten, die z. B. innerhalb eines Computerprogramms aufgeführt werden können. Ein Algorithmus erstellt nach einer bestimmten Eingabe eine bestimmte Ausgabe, die das Problem löst bzw. lösen soll.

Ein kleines Praxisbeispiel

Sie fotografieren Ihre Katze und möchten diese Bilder später teilen. Wenn Sie nun im Smartphone bzw. der Kamera-App nach „Katze“ suchen, ist im Hintergrund ein Algorithmus am Werk. Diese schlägt Ihnen dann die Katzenfotos vor, obwohl diese natürlich nicht entsprechend benannt sind. In diesem Fall steht eine KI (Künstliche Intelligenz) dahinter, die mit Bildern etc. „gefüttert“ oder antrainiert wird und daraus Muster erkennen und somit Inhalte abgleichen kann.[2]

Befehle, die ein Algorithmus beispielsweise auslösen kann, sind unter anderem

  • Berechnungen durchführen
  • Auf Speicher zugreifen
  • Daten abrufen und speichern (z. B. Verlauf angesehener Videos etc.)

Diese elementaren Prozesse können dann kombiniert und angeordnet werden, um Schritt für Schritt komplexe Probleme zu lösen.

Algorithmen sind mittlerweile sehr präsent im Alltag, aber natürlich nie direkt sichtbar. Smartphones, Autos, Ampelschaltungen etc. benutzen Algorithmen, um Vorschläge und Handlungshilfen zu geben. Aber auch Internetgrößen wie Facebook, YouTube, Google und Amazon benutzen Algorithmen – und zwar viele davon, mit großem Erfolg. Haben Sie sich schonmal gefragt, warum ihre YouTube-Startseite so aussieht wie sie aussieht? Die Antwort: Sie ist von einem Algorithmus für Sie zusammengestellt. Und zwar nur für Sie, ganz persönlich. Wenn Sie sich aus Ihrem Konto ausloggen und ggf. noch den Verlauf und Cache löschen, wird die YouTube-Startseite für Sie wieder ganz anders aussehen!

 

Der YouTube Algorithmus: Verstehen, wie Klicks zustande kommen

 

Die nackten Zahlen lesen sich wie folgt: Laut YouTubes Produktchef sehen YouTube Nutzer mehr als 70 % der Zeit das, was ihnen der Algorithmus vorschlägt. Und die durchschnittliche mobile Sitzungsdauer beträgt ungefähr eine Stunde. Das heißt, dass von einer Stunde am Smartphone oder Tablet, in der der durchschnittliche Nutzer YouTube konsumiert, 42 Minuten davon effektiv von dem Algorithmus und seinen Vorschlägen beeinflusst oder kontrolliert werden.

Der Algorithmus ist also wie ein Archivar, der die riesige Bibliothek an YouTube-Videos so sortiert, wie er denkt, dass sie Ihnen gefallen könnte.

Wie genau der Algorithmus funktioniert ist ein streng gehütetes Geheimnis. Allerdings hat er prinzipiell Zugriff auf alle YouTube-Daten des eingeloggten Kontos. Dazu gehört zum Beispiel:

  • was Sie sehen oder nicht („Impressionen“ vs. Videowidergaben)
  • wie viel Zeit die Leute damit verbringen, ein bestimmtes (ihr?) Video zu betrachten
  • wie schnell die Beliebtheit eines Videos abfällt oder nicht (Sichtgeschwindigkeit, Wachstumsrate)
  • wie neu ein Video ist (neue Videos können besondere Aufmerksamkeit erhalten, um Schneeballschlägen zu ermöglichen)
  • wie oft ein Kanal ein neues Video hochlädt
  • wie viel Zeit die Leute auf der Plattform verbringen (Sitzungszeit)
  • Vorlieben, Abneigungen, Aktien (Engagement)
  • Feedback „nicht interessiert“ (autsch)

Kritik am Algorithmus

Dabei ernten moderne Algorithmen – egal ob von YouTube, Facebook oder Twitter – auch einiges an Kritik.[3]
Wahrheitsverdrehende, entzweiende oder verschwörerische Inhalte werden angeblich von dem Algorithmus (hier gemeint: YouTube) bevorzugt. Im US-Wahlkampf und dem Skandal um Facebook und Cambridge Analytica kam dieses Thema zum ersten Mal so richtig an die Öffentlichkeit.[4][5]

Big Data (also große Datenmengen) wurden mit psychographischen Methoden kombiniert, um Profile von Nutzern zu erstellen, diese auszuwerten und Nutzern dann „mikrotargetiert“ Werbung anzuzeigen und sie dadurch zu beeinflussen.[6]

Was der Algorithmus tut und wie er lernt

Matt Gielen, YouTube-Experte aus den USA, bringt es folgendermaßen auf den Punkt: „Der Algorithmus ist kein allmächtiger Gott, den wir nicht verstehen können. Er tut das, wofür er entwickelt wurde, und das ist, die Zuschauer dazu zu bringen, möglichst lange und möglichst viele Videos auf Youtube zu gucken“.[7]

Über die Jahre hat YouTube seinen Algorithmus mit unterschiedlichen Features ergänzt, dazu gehören:

  • Maschinenlernen (2016)
  • Verschärfte Qualitätskriterien (2017)
  • Monetarisierung (2018)
  • Keine „grenzwertigen“ Videos mehr am Rande zu Fehlinformation (2019)

Wie Sie den Algorithmus sehen

YouTube behauptet, dass „die Ziele des Such- und Entdeckungssystems von YouTube zwei Ziele haben: den Zuschauern dabei zu helfen, die Videos zu finden, die sie sich ansehen möchten, und um die langfristige Einbindung und Zufriedenheit der Zuschauer zu maximieren.“

Der Algorithmus beeinflusst die sechs verschiedenen Stellen, an denen Ihr Video auf YouTube angezeigt werden kann:

  • In den Suchergebnissen
  • In den empfohlenen Streams
  • Auf der YouTube-Startseite
  • In aktuellen Streams
  • In Kanalabonnements
  • In Benachrichtigungen

Wie man das für eigene YouTube-Aktivitäten nutzen kann

Im Wesentlichen filtert ein neuronales Netzwerk Videos, um zu sehen, ob sie gute Kandidaten für die „next up“ -Auswahl des Betrachters sind (basierend auf dem Verlauf des Benutzers und den ähnlichen Benutzern).

Inzwischen ordnet ein zweites neuronales Netzwerk Videos ein, indem es ihnen eine Punktzahl zuweist. Dies basiert auf Faktoren, die nicht vollständig offenbart werden: Obwohl die Neuheit eines Videos und die Häufigkeit der Uploads eines Kanals erwähnt werden.

Die Idee ist nicht, „gute“ Videos zu identifizieren, sondern Zuschauer mit den Videos abzugleichen, die sie sehen möchten. Das Ziel ist, dass sie so viel Zeit wie möglich auf der Plattform verbringen (und daher so viele Anzeigen wie möglich sehen.)

Wichtig sind z. B. folgende Faktoren:

  • View Velocity: Die ersten 48 Stunden entscheiden über den Erfolg. Dazu ist wichtig, dass viele der eigenen Abonnenten einschalten. (Faustregel: Mindesten 10%)
  • Fokussieren Sie sich auf ein Thema/einen Schwerpunkt
  • Gute Schlüsselwörter, um als gutes Suchergebnis angezeigt zu werden
  • Eine aussagekräftige Beschreibung
  • Untertitel und Übersetzungen
  • Ein „custom thumbnail“, also eine eigens erstellte videospezifische Vorschau
  • Geben Sie dem Betrachter die Möglichkeit, weiteren Content nach Ende des aktuellen Videos zu sehen
  • Serien eignen sich besser als thematisch isolierte Einzelbeiträge
  • Nutzen Sie YouTube Analytics

Eines muss man jedoch verstehen und in Kauf nehmen: Der Algorithmus bleibt nie gleich. Er ändert ständig das Gewicht, das es für verschiedene Signale gibt, z. B. das Betrachtungsmuster eines Benutzers oder die Zeitdauer, die ein Video angesehen wird, bevor jemand darauf klickt.

Der Facebook-Algorithmus

Facebook ist inzwischen auch im Marketing sehr beliebt, nicht zuletzt weil man dabei seine Zielgruppe sehr genau definieren kann und somit die Menschen erreicht, für die ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung wirklich relevant sind. Der Facebook-Algorithmus ist aber eine der Komponenten, die ausschlaggebend dafür sind, wie viel Erfolg das Marketing hat.

Der Facebook-Algorithmus: EdgeRank

Der Algorithmus von Facebook mit Namen EdgeRank soll „sinnvolle Interaktionen zwischen Menschen fördern“ und Menschen zusammenbringen.[8] Das heißt, dass die reine Nutzungszeit weniger bedeutsam wird und Ihre Inhalte bessere Chancen haben, vom Algorithmus positiv wahrgenommen zu werden, wenn sie

  • Kommentare
  • Reaktionen
  • Antworten auf Kommentare
  • Geteilte Link via Messenger mit Freunden
  • Engagement in geteilten Beiträgen

produzieren. Dazu ist es sinnvoll, Fragen an Nutzer zu stellen und aktuelle Themen zu behandeln. Ein authentisches Auftreten und eine klare Linie helfen Nutzern, ihre Inhalte klarer zu sehen und machen es ihnen einfach, Stellung dazu beziehen. Eine gute Möglichkeit, das umzusetzen, sind z. B. Live-Videos. Diese produzieren laut Facebook etwas sechsmal so viele Kommentare wie andere Videos.[9]

Der Newsfeed: schwieriges Ranking

Faktoren, die sich auf das Newsfeed-Ranking auswirken sind wiederum andere, bzw. sie werden anders gewichtet.

  • Veröffentlichungszeitpunkt
  • Art des Beitrags
  • Zeit, die Nutzer den Artikel betrachten
  • Wie vollständig Ihr Seitenprofil ist
  • informative Inhalte.

Dabei darf man aber eines nicht vergessen: Man schreibt nicht für den Algorithmus, sondern für den Nutzer. Wenn sie einen Post aufsetzen, der für den Algorithmus gut optimiert ist, aber niemanden anspricht oder den die Betrachter als lästig empfinden, gewinnen Sie nichts. Updates, Events, Gruppen etc. können Sie nutzen, um gute Inhalte zu erstellen und diese auch relevant zu halten. Denn der Algorithmus wertet Inhalte nicht nur einmal aus, sondern sehr oft über einen längeren Zeitraum – und bewertet dadurch ältere Inhalte automatisch als weniger relevant.

In den Newsfeed von Nutzern zu gelangen ist deshalb schwierig, weil EdgeRank die „Affinität“ oder „Nähe“ der Nutzer mit einberechnet. Das heißt, ihr Newsfeed konkurriert z. B. mit dem des Bruders des Nutzers, der 50 übereinstimmende Freunde hat, regelmäßig an die Pinnwand des Nutzers schreibt (und an dessen Pinnwand geschrieben wird) etc.[10] Sie sehen, worauf wir hinauswollen.

Fazit: Nutzen im Handwerk

Es ist schwer, einen Algorithmus dazu zu bringen, zu „denken“, dass Ihr Inhalt interessant ist. Verglichen damit ist es viel einfacher, Ihre Inhalte umzuschreiben, damit Ihre Fans mehr Likes und Kommentare hinterlassen. Die Algorithmen von YouTube, Facebook, Google und Co. zu verstehen ist eine Wissenschaft für sich und effektiv unmöglich, da man als Normalsterblicher keinen Zugang zu den wichtigsten Daten hat. Was aber für jeden möglich ist, ist die Auswirkungen der eigenen Aktivitäten zu beurteilen und diese zu optimieren. Algorithmen werden stetig besser darin, Inhalte zu bewerten und Nutzern Vorschläge zu machen. Als kundenorientierter Handwerksbetrieb mit einem Facebookauftritt, YouTube-Kanal etc. lohnt es sich daher, informiert zu bleiben und diese Aufgaben clever auszufüllen, anstatt viele Inhalte zu erstellen, die für die Zielgruppe nicht sichtbar oder relevant sind. Wie das zum Erfolg wird, verrät Ihnen dann unser Online-Marketing-Experte!

[1] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Algorithmus

[2] Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=cqbsT9yuJSs

[3] https://www.theguardian.com/technology/2018/feb/02/how-youtubes-algorithm-distorts-truth

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Cambridge_Analytica

[5] https://netzpolitik.org/2018/cambridge-analytica-was-wir-ueber-das-groesste-datenleck-in-der-geschichte-von-facebook-wissen/

[6] https://www.theguardian.com/news/2018/mar/17/data-war-whistleblower-christopher-wylie-faceook-nix-bannon-trump

[7] https://www.wuv.de/digital/der_youtube_algorithmus_und_seine_spurenleser

[8] https://blog.hootsuite.com/de/facebook-algorithmus-organische-reichweite/

[9] https://de.newsroom.fb.com/news/2018/01/news-feed-fyi-grosses-update/

[10] https://metricool.com/what-is-facebook-edgerank-or-how-facebook-algorithm-works/