Automatisierung im Handwerk?

Die Industrie hat durch Automatisierung ihrer Fertigungsprozesse einen großen Schub bekommen und die Zahl der Anwendungen wächst kontinuierlich. Die wirtschaftliche Herausforderung liegt in den regelmäßig erforderlichen hohen Investitionen in Fertigungsautomaten, die sich häufig nur durch sehr hohe Stückzahlen automatisiert gefertigter Produkte amortisieren lassen.

Damit war das Handwerk außen vor – bisher. Inzwischen lassen sich zahlreiche typische Arbeitsschritte im Handwerk mit Hilfe von Computerprogrammen und Maschinen steuern und ausführen. Ein Roboter mit Stichsäge? Heute schon möglich. Einen Tisch zusammenbauen? Auch das ist möglich. Allerdings besteht bei der Montage vorgefertigter Einzelteile zu einem Fertigprodukt noch einiger Optimierungsbedarf, wie ein Projektvideo des Massachusetts Institute of Technology (MIT) zeigt.

Digitalisierung, Assistenzsysteme und Robotik

Während die Bedeutung der Digitalisierung mittlerweile im Handwerk ebenfalls stetig wächst, sieht sich die Robotik noch immer vor große Herausforderungen gestellt. Auch das Ausmaß der Digitalisierung schreitet im Handwerk voran, sie beschäftigt sich hauptsächlich mit organisatorischen und kommunikativen Aufgabenstellungen. Aufgaben verwalten und reagieren in Echtzeit, automatische Kommunikation von Systemen untereinander anstatt ständiger Verfügbarkeit von wichtigen Mitarbeitern – das ist alles in den Büros schon umsetzbar.

Doch die Robotik orientiert sich an anderen Arbeitsvorgängen. Sie soll die Be- und Verarbeitung von Werkstoffen wie z. B. Holz für Handwerker in der Halle und auf der Baustelle vereinfachen. Das Problem: Die Anforderungen an den konkreten Bearbeitungsvorgang sind oft sehr speziell und von Fertigungsstück zu Fertigungsstück unterschiedlich. Aus betrieblicher Sicht sind kostengünstige Lösungen für die Losgröße 1 im Einzelfall zwar vorhanden, sie sind jedoch häufig noch zu unpräzise, um eine ordentliche handwerkliche Qualität abzuliefern.

Was für Industrie 4.0 funktioniert, muss fürs Handwerk noch nicht gut sein!

Viele produzierenden Unternehmen profitieren von Industrie 4.0-Technologien und Automation, weil sie mit wesentlich höheren Losgrößen umgehen, d.h. eine große Menge an Produkten fertigen und lagern. Die Einführungs-, Betriebs- und Wartungskosten können somit durch eine Reduzierung von Fertigungsaufwand und Fertigungszeit rasch amortisiert werden. Die automatisierte Fertigung läuft oft schneller und erfordert menschliches Eingreifen nur im Störungsfall. In smarten Fabriken entstehen jedoch auch hochspezifische Werkstücke. Diese basieren jedoch auf einem immer gleichen Grundprodukt. Aus dieser Basis-Lösung werden dann in weiteren Arbeitsschritten verhältnismäßig geringfügige Individualisierungen vorgenommen und dadurch individualisierte Produkte gefertigt.

Im Handwerk sind die Anforderungen andere. Materialien werden überwiegend individuell an Kundenwünsche oder Gegebenheiten vor Ort angepasst. Standardlösungen lassen sich nur wenige umsetzen – und wenn ein Kunde solche möchte, findet er diese oft bei renommierten Großanbietern billiger. Dennoch kann man die Entwicklung nicht leugnen: Die Robotik schafft neue Möglichkeiten und bereits heute erhältliche Lösungen auch für die Losgröße 1 werden immer günstiger.

Fazit

Exoskelett-Anzüge können Menschen helfen, körperlich sehr anspruchsvolle Aufgaben spielend leicht zu bewältigen und 3D-Drucker können ganze Gebäude im Detail nachstellen. Im Moment ist es zwar nicht wirtschaftlich, einen Roboter auf der Baustelle mit speziellen Fertigungsaufgaben einzusetzen. Es ist teuer und spart zu wenig Zeit, doch das kann sich bald ändern. Nun ist es Aufgabe der Handwerksunternehmer, diese Technologien für sich zu nutzen und ergonomische Systeme zu kreieren und einzufordern. Wenn die Automatisierung sich im Handwerk mehr und mehr durchsetzt, wird es viele Potenziale zu erschließen geben!