Was Handwerksunternehmer im Falle der Kassen-Nachschau wissen sollten
In letzter Zeit häufen sich Berichte über höchst verärgerte und empörte Handwerksunternehmer. Anlass sind von Finanzbeamten durchgeführte Kassen-Nachschauen. Die Kassen-Nachschau geht auf das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 zurück. Durch dieses Gesetz wurde eine neue Regelung in § 146b der Abgabenordnung (AO) eingeführt, die Gegenstand des Anwendungserlasses des Bundesministeriums der Finanzen vom 29.05.2018 (Gz.: IV A 4 – S 0316/13/10005:054) ist. Darin steht in Ziffer 2 zu lesen, dass die Kassen-Nachschau nicht angekündigt wird. Mitarbeiter und Unternehmensleitung werden daher regelmäßig von einer Kassen-Nachschau überrascht und fühlen sich überrumpelt sowie zu Unrecht ausgespäht, denn in dem Verhalten kommt ein Misstrauen der Finanzverwaltung gegenüber dem Unternehmer zum Ausdruck. Befinden sich Kunden im Geschäftsraum, während der Beamte eine Nachschau anordnet, befürchten Handwerker regelmäßig, das Kundenvertrauen zu verlieren.
Was unterliegt der Kassen-Nachschau und wodurch kann sie ausgelöst werden?
Der Anwendungserlass nennt unter Ziffer 1 in einer nicht abschließenden Aufzählung
- elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen,
- App-Systeme,
- Waagen mit Registrierkassenfunktion,
- Taxameter,
- Wegstreckenzähler,
- Geldspielgeräte und
- Offene Ladenkassen,
die einer Kassen-Nachschau unterliegen sollen. Der Finanzbeamte ist nach dem Anwendungserlass ohne weiteres berechtigt, ausschließlich zur Ermittlung steuerrelevanter Tatsachen während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke und Geschäftsräume zu betreten. Eingeschlossen von diesem Betretungsrecht sind gewerblich oder beruflich genutzte Kraftfahrzeuge.
Dabei darf er nach dem Anwendungserlass, ohne sich ausweisen zu müssen, die Kassenbedienung beobachten und Testkäufe durchführen, sich also wie ein Kunde verhalten, ohne dass dies bereits Bestandteil der Kassen-Nachschau selbst wäre. Diese Beobachtungen können von dem Beamten als Begründung dafür angeführt werden, eine Kassen-Nachschau durchzuführen. Das Beobachten von Unregelmäßigkeiten ist aber keine zwingende Voraussetzung für die Anordnung einer Kassen-Nachschau.
Womit beginnt die Kassen-Nachschau und kann man sie verhindern?
Die Kassen-Nachschau muss angeordnet werden. Die Anordnung ist ein formloser, also auch mündlich bekannt zu gebender Verwaltungsakt. Der den Verwaltungsakt bekanntgebende Beamte hat sich auszuweisen. Gegen einen im Rahmen der Kassen-Nachschau ergangenen Verwaltungsakt ist der Einspruch statthaft. Der schriftliche Einspruch muss vom die Kassen-Nachschau durchführenden Beamten entgegengenommen werden, entfaltet aber keine aufschiebende Wirkung, d.h. der Einspruch kann die Durchführung der Kassen-Nachschau nicht verhindern. Ist der Einspruch begründet, sind die Ergebnisse der Kassen-Nachschau für die Finanzverwaltung nicht verwertbar. Soll der Einspruch erhoben werden, muss dies bis zum Ende der Kassen-Nachschau erfolgen.
Was umfasst eine Kassen-Nachschau?
Eine Kassen-Nachschau gewährt dem Finanzbeamten ausdrücklich kein Durchsuchungsrecht – sie ist also keine Hausdurchsuchung. Daher darf der Finanzbeamte auch daran gehindert werden, Privaträume zu betreten und Schubladen oder Schränke zu öffnen. Allerdings darf der Zugang zu nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Geschäftsräumen, also solchen Räumlichkeiten, die zwar dem Betrieb, nicht aber dem Publikumsverkehr dienen, verlangt werden. Bereits das Einfordern eines solchen Zugangs ist nur zulässig, wenn der Finanzbeamte sich ausgewiesen hat und das Betreten allein dem Zweck dient, für die Besteuerung erhebliche Sachverhalte festzustellen.
Nach Vorlage des Ausweises kann der Beamte den Unternehmer oder einen Mitarbeiter, der das Kassensystem bedient und über die erforderlichen Zugriffs- und Benutzungsrechte verfügt, auffordern, das elektronische Aufzeichnungssystem zugänglich zu machen und Aufzeichnungen, Bücher sowie die für die Führung des elektronischen Aufzeichnungssystems erheblichen sonstigen Organisationsunterlagen – die Verfahrensdokumentation – vorzulegen. Ferner kann Einsicht genommen werden in die digitalen Daten und deren Übermittlung sowie Auskunft verlangt werden. Es besteht in diesen Fällen eine Mitwirkungspflicht im Rahmen der tatsächlich bestehenden Möglichkeiten des Aufgeforderten.
Möglich ist auch, dass ein Kassensturz gefordert wird. Die Kassensturzfähigkeit betrachtet die Finanzverwaltung als wesentliches Element der Nachprüfbarkeit von Kassenaufzeichnungen. Ob der die Kassen-Nachschau durchführende Beamte einen Kassensturz verlangt, ist in sein Ermessen gestellt. Der die Kassen-Nachschau durchführende Beamte ist darüber hinaus berechtigt, zu Dokumentationszwecken Unterlagen und Belege zu scannen oder zu fotografieren. Können die Informationen zur zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung nicht vorgelegt werden oder sind diese unvollständig oder fehlerhaft oder ergibt sich sonst ein Anlass zur Beanstandung der Kassenaufzeichnungen und -buchungen, kann der Beamte auch ohne vorherige Prüfungsanordnung zur Außenprüfung übergehen. Dieser Übergang ist mit genauem Zeitpunkt aktenkundig zu machen und dem Steuerpflichtigen bekannt zu geben.
Unser Tipp:
Interessenvertretungen der Handwerker haben bislang vergeblich versucht, die Finanzverwaltung dazu zu bewegen, die Kassen-Nachschau beim Betrieb anzukündigen. Daher ist auch in Zukunft mit unangekündigten Kassen-Nachschauen zu rechnen. Das wissen auch Trickbetrüger, die sich als Finanzbeamte ausgeben. Aus diesem Grund ist es ratsam, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Unternehmen angetroffen werden können, über die Rahmenbedingungen einer Kassen-Nachschau zu informieren. Ferner sollte sichergestellt werden, dass über die Durchführung einer Kassen-Nachschau ein internes Protokoll angefertigt wird. Damit dies gelingt, sind die Mitarbeiter anzuhalten, der Kassen-Nachschau über den gesamten Zeitraum kritisch zu folgen und den Unternehmer selbst herbeizurufen sowie den Steuerberater zu informieren. Gemeinsam mit dem steuerlichen und rechtlichen Berater kann überlegt werden, ob gegen die Kassen-Nachschau Rechtsmittel eingelegt werden sollen.
Zur Erleichterung der Information im Betrieb sowie der Dokumentation einer Kassen-Nachschau haben wir einen Vorschlag für eine Checkliste mit Protokoll ausgearbeitet. Dieser Vorschlag dient als Orientierungshilfe und Grundlage für ein Gespräch mit dem Steuerberater, mit dem eine individuelle Anpassung auf die konkrete betriebliche Situation vorgenommen werden muss. Die Word-Vorlage kann in unserem Download-Bereich heruntergeladen werden.